Gedanken und Erlebnisse zum Stromausfall in Dresden am 13.9.2021
Am 13. September gab es in Dresden und Umgebung mit über 500.000 Bewohnern bekannterweise einen größeren Stromausfall. Auch wenn das Thema wieder aus den Medien verschwunden ist, waren die Wirkungen doch überraschend groß und weitreichend. Für mich war das Anlaß, meine Beobachtungen niederzuschreiben und einige Erkenntnisse zusammenzustellen. Gerade in einer Zeit, in der ein großer Blackout immer wieder im Raum schwebt, ist es wichtig, genauer hinzuschauen.
Am 13. September hatte ich mich kurz hingelegt. Als ich gegen 14 Uhr wieder aufgestanden bin, bemerkte ich, daß mein Telefon keinen Empfang mehr hatte. Also habe ich das Telefon neu gestartet, was auch nicht half. Ich stand auf, ging in die Küche, um den Geschirrspüler anzumachen. Als dieser nicht funktionierte, machte ich mir noch keine Gedanken. Erst, als ich merkte, daß alle Computer im Haus ausgegangen waren, realisierte ich, daß wir keinen Strom hatten. Langsam dämmerte mir, daß etwas größeres passiert war. Ich begann die Lage zu sondieren.
Als erstes war erkennbar, daß das gesamte Haus keinen Strom hatte.
Im Hof traf ich Mitbewohner der Nachbarhäuser, die fragten, ob wir auch keinen Strom haben.
Also war klar, daß es nicht nur unser Haus betraf, sondern die ganze Sache etwas größer war. Ich versuchte, im Internet Nachrichten zu finden. Als mein Telefon immer noch keinen Empfang hatte, wurde mir erst bewußt, daß ein geladener Akku nutzlos ist, wenn es ohne Empfang keinen Weg mehr zum Telefonnetz und damit zum Internet gibt. Ich war regelrecht abgeschnitten von der Informationswelt.
Was also tun? Es gab nur noch eine mögliche Informationsquelle, das Radio. Zum Glück habe ich genau für solche Fälle einen batteriebetriebenen Weltempfänger (Ebay Kleinanzeigen sei Dank) betriebsbereit, in dem alle lokalen Sender eingespeichert waren. Doch oh Wunder, die Hälfte der Dresdner Radiofrequenzen war ausgefallen. Darunter nach meiner Erinnerung der Deutschlandfunk, RSA und MDR Info. Zum Glück sendeten in meiner Erinnerung beim Schreiben Radio Dresden, MDR1 und MDR Jump. Alle spielten normal Musik, es gab keine Sondersendung. Es dauerte etwas, bis ich ca. 14.30 Uhr auf RadioDresden Nachrichten hören konnte. Dort erfuhr ich erstmals, daß es einen großflächigen Stromausfall im gesamten Stadtgebiet gegeben hatte. Sogar der Strom für die Straßenbahnen war ausgefallen. RadioDresden selber auf der Ammonstraße war wohl auch eine Zeitlang betroffen, konnte jetzt aber wieder senden. Bei uns dagegen weiterhin kein Strom.
Langsam begann ich über die Zukunft und die Folgen nachzudenken. Was habe ich im Kühlschrank? Was habe ich im Tiefkühlfach. Wenn es länger dauern würde, gäbe es wohl heute eine große Grillparty, um die gefrorenen Vorräte doch etwas haltbarer zu machen, als sie einfach so auftauen zu lassen.
Mein Nachbar klopft an der Tür: „Andreas! Es geht los!"
So gegen 14.45 Uhr hatte mein Mobiltelefon auch wieder Netz und ich konnte die Lage im Internet prüfen. Eine Nachrichtenseite sprach von einem Fehler im Umspannwerk Dresden Süd. Ein Blick auf die Karte zeigte, daß das Umspannwerk ca. 500m von mir entfernt liegt. Es war Zeit, sich mit dem Stromnetz in Deutschland zu beschäftigen.
Die elektrische Energie wird in Deutschland in einem Höchstspannungsnetz mit 380.000 V(olt) (380 kV) verteilt. (https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Karte_H%C3%B6chstspannungsnetz_Deutschland.png) An größeren Umspannwerken wird die Spannung heruntertransformiert auf Hochspannung mit ca. 60 bis 110 kV. (https://www.enbw.com/energie-entdecken/verteilung-und-transport/stromnetz/) Von dort aus wird die Energie lokal auf kleinere Netze verteilt und weitergeleitet. Dabei wird schrittweise, mit kleiner werdenden Netzen, auf 3 bis 30 kV heruntertransformiert bis es schließlich lokal 230 V in der Haushaltssteckdose sind. Das Umspannwerk Dresden Süd ist genau solch ein Transformationspunkt, der Dresden und Umgebung versorgt und die 380 kV in ein kleineres Netz verteilt. (https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Schaltanlagen_im_H%C3%B6chstspannungsnetz_in_Deutschland#Sachsen)
Zitat: „Die Enso Netz betreibt in der Region ein dreistufiges Netz. Die Hochspannungsleitungen transportieren den Strom mit 110 000 Volt Spannung überregional, häufig von den Kraftwerken zu uns. In den Umspannwerken wird die Hochspannung zu Mittelspannung mit 20 000 Volt umgewandelt. Das sind dann die Leitungen, die beispielsweise von Ulberndorf nach Dippoldiswalde, Glashütte, Klingenberg und Rabenau führen. Dort vor Ort wird dann der Strom in die Niederspannung von 360 und 220 Volt umgesetzt, wie sie im Alltag üblich ist." (https://www.saechsische.de/hochspannung-im-stromnetz-3878372.html)
Bei Openinframap kannst du sehen, wie die Netzleitungen von Dresden Süd aus weitergehen: https://openinframap.org/#9.22/51.0657/13.7576
Da ich um 15 Uhr einen Termin hatte, war es ein leichtes, einen kleinen Umweg zu nehmen und am Umspannwerk vorbeizuschauen. Was ich erwartet hatte, waren Feuerwehr, Polizei, Hubschrauber etc. Was ich vorfand, war gähnende Lehre. Ein einzelnes Technikerfahrzeug stand am Umspannwerk, sonst nichts. Ich fand das seltsam.
Nach ca. 1,5 h war dann endlich der Strom in Dresden Niedersedlitz wieder da. Normalität zog wieder ein. Die Grillparty am Abend konnte ausfallen, die Kühlschränke liefen wieder. Die Vorräte waren gerettet.
In den nächsten zwei Tagen formte sich in den Medien dann ein scheinbar plausibles Bild eines normalen Ereignisses.
Ein aluminiumbeschichteter Ballon soll in die 110 kV Anlage getrieben worden sein.
Nach verschiedenen Quellen sollte dies zu einem kleineren Ausfall geführt haben.
Beim Versuch, das kleibere Unternetz wieder zu starten, fiel das gesamte Netz für Dresden und Umgebung aus.
Zeitungsmeldungen:
https://www.tag24.de/dresden/stromausfall-in-dresden-blackout-war-offenbar-ein-unfall-2120780
Liveticker:
https://www.tag24.de/dresden/lokales/blackout-in-dresden-stromausfall-nahezu-komplett-unter-kontrolle-2119535
https://www.tag24.de/leben/angst-vorm-blackout-was-tun-bei-stromausfall-2120550
https://www.tag24.de/dresden/lokales/mega-stromausfall-in-dresden-moegliche-ursache-gefunden-2119996
https://www.tag24.de/dresden/lokales/nach-blackout-in-dresden-einige-kunden-noch-immer-ohne-internet-2121262
Artikel zu den Folgen des Stromausfalles:
https://www.tag24.de/dresden/lokales/nach-mega-blackout-in-dresden-noch-immer-haben-firmen-mit-den-folgen-zu-kaempfen-2121476
https://www.saechsische.de/wirtschaft/unternehmen/stromausfall-fuehrt-zu-schaeden-in-dresdner-chipfabriken-5525663-plus.html
Fragen, die sich mir stellen:
- Wie kann ein Netz so instabil sein, daß beim Wiederanfahren eines kleineren Netzes das größere mitgerissen wird?
- Ist die Erklärung mit dem Ballon plausibel?
- Sollten ein Ballon, der zwischen Hochspannungsanlagen kommt nicht etwas mehr verbrannt sein als der öffentlich gezeigte?
- Wäre nicht etwas mehr Besatzung am Umspannwerk zu erwarten gewesen?
- Kann es sein, das hier etwas getestet wurde, daß für ein größeres Ereignis geplant ist?
- Was konnte man lernen über das Verhalten der Menschen in und um Dresden?
Interessante (Lern-)Effekte für die Zivilisation:
- In Kaufhäusern und Ladenpassagen gibt es meist keine Fenster mehr und Menschen müssen mit Notbeleuchtung nach draußen geleitet werden.
- Fahrstühle bleiben stecken, deren Insassen müssen befreit werden.
- Das Telefonnetz ist NICHT abgesichert gegen einen großflächigen Stromausfall.
- Radiostationen können auch ausfallen.
- Essensvorräte im (Tief-)Kühlschrank sind nur begrenzt und für wenige Tage sinnvoll.
- Für längere Phasen sollte man auf haltbare einfachzu lagernde Lebensmittel zurückgreifen.
- Eine Radiostation hat ihren Hörern empfohlen, doch auf den Stream auszuweichen. Vielleicht sollte der Jugend von heute mal jemand sagen, daß ohne Internet der Stream auch nicht mehr geht.
- Bei allen zivilisatorischen Errungenschaften muß es eine Rückfalloption auf ausfallsicherere Technik geben. Im Ahrtal ist während der Flut der digitale Polizeifunk ausgefallen.
- UKW Sender haben nur begrenzte Reichweiten. MW oder Langwelle dagegen viel weiter. Leider sind mittlerweile fast alle Stationen abgeschaltet worden.
- Öl- oder Pelletsheizungen nützen nichts, wenn es keinen Strom für die Pumpe gibt, die das Wasser im Haus verteilt.
- Solaranlagen sollten sich auf lokalen Betrieb umschalten lassen, wenn das große Netz ausfällt, in das sonst eingespeist wird.
- Eine Straßenbahn, die mitten auf einer Kreuzung ausfällt, kann sehr hinderlich sein.
Wie kann ich mich vorbereiten?
Es gibt sicher gute Listen zur Krisenvorsorge im Netz. Deswegen übernehme ich hier keine Haftung für die folgenden Anmerkungen. Ein paar Dinge erscheinen mir aber doch wichtig:
- Ruhe bewahren!
- Batteriebetriebenes Radio bereithalten, bei dem man sich vorher mit der Bedienung vertraut gemacht hat und dessen Funktion regelmäßig geprüft wird.
- Wichtige Nachrichtensender vorher einprogrammieren oder deren Frequenzen zusätzlich auf einem Zettel notieren.
- Ersatzbatterien bereit halten. Akkus lassen sich nur mit Strom laden.
- Wichtige Telefonnummern auf Zetteln notieren.
- Taschenlampen, Ersatzbatterien und Kerzen bereit halten.
- Decken und Feuerholz bereit halten, wenn es länger kalt sein sollte.
- Mit der Familie einen festen Treffpunkt oder Sammelort ausmachen (zu Hause)
- Mit Freunden einen Treffpunkt und Zeitpunkt gemeinsame für Versammlungen im Falle eines größeren Blackouts vereinbaren.
- In Funktechnik investieren, mit der eine Kommunikation mit anderen Menschen möglich ist ohne vorhandene Netze.
Bei der Recherche zu diesem Artikel bin ich auf einen interessanten Beitrag über die Planungen der Stadt Dresden für größere Ereignisse gestoßen:
https://www.saechsische.de/katastrophenplan-fuer-den-blackout-3826035.html